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Rudolf Seising, Deutsches Museum (München):

Lernen wie ein Oktopus? Ein Apparat der 1950er Jahre

Oktopoden, Kraken – achtarmige Tintenfische – gehören zu den Weichtieren, die oftmals als „intelligent“ bezeichnet werden. In den 1950er Jahren experimentierten die englischen Neuroanatomen John Zachary Young und Brian Blundell Boycott an der Stazione Zoologica in Neapel mit diesen Tieren, um dabei ihr Lernvermögen zu studieren. Insbesondere trainierten sie die Tiere darauf, einen visuellen Reiz anzugreifen. Young war Professor für Anatomie an der Medizinischen Fakultät des Londoner University College, wo er die vorhandenen Apparate mit ingenieurtechnischer Unterstützung verbessern ließ. Nachdem der Elektrotechniker Wilfred Kenelm Taylor auf das Forscherteam traf und es ergänzte, veränderte sich die Richtung der technischen Arbeiten in dieser Gruppe. Taylor baute einen Apparat, der das Lernverhalten der untersuchten Oktopoden simulieren sollte. Seine technische Konstruktion war einer der ersten Apparate, die einfache Muster wie Kreise oder Quadrate, geschriebene Buchstabenfolgen und Gesichter wiedererkennen konnten. Damit war dies eines der frühen Ergebnisse bionischer Forschung, die als sogenannte „Lernmaschinen“ bekannt wurden und unabhängig von der etwa zur gleichen Zeit aufgekommenen Systemen der Artificial Intelligence erforscht und entwickelt wurden.

Der Vortrag schildert die Entwicklung einer frühen „Learning Machine“, die nach tierischem Vorbild gestaltet wurde und als Vorgänger heutiger Machine-Learning-Systeme angesehen werden kann.