Tierliche Empfindlichkeiten spielen seit der Mitte des 18. Jahrhunderts eine wesentliche Rolle in der
Registrierung und Testung physikalischer Veränderungen. Spätestens ab 1750, als Albrecht Haller von Göttingen
aus mit seinen Versuchen zur Sensibilität und Irritabilität von Körperteilen Tiere zum systematischen
Bestandteil physiologischer Forschung machte und eine erste Welle der Tierversuche in Europa lostrat, war die
Frage der Empfindlichkeit in den Fokus wissenschaftlicher Erkenntnisproduktion gerückt. Von 1750 bis in die
Gegenwart lässt sich die Erforschung und Nutzung der Empfindlichkeit tierlicher Körper und ihrer Bestandteile
verfolgen: So beispielsweise in der Elektrizitätslehre, wo Frösche als Messgeräte zum Einsatz kamen; in der
Nuklearforschung, die die Anpassungsfähigkeiten und genetischen Veränderungen von Millionen von Versuchstieren
auf radioaktive Stoffe untersuchte; oder in der Arzneimittelprüfung und medizinischen Diagnostik, wo unter
anderem Mäuse, Kaninchen oder Pfeilschwanzkrebse als Bio-Assays eingesetzt werden und der sogenannte
"Tierverbrauch" nach wie vor unerlässlich ist.
Das Ziel dieses Vortrags ist es, derartige Beispiele der
Operationalisierung tierlicher Empfindlichkeit mittels des Begriffs der "sensiblen Medien" zu perspektivieren.
Dieser konzeptuelle Vorschlag erlaubt es, die historische Rolle von Medialität und Mediation in tier-basierten
Testverfahren auszuleuchten und die extraktivistischen Praktiken, die damit einhergehen, in den Fokus zu rücken.
Es gilt aber auch zu sehen, dass Materie, die empfindlich auf bestimmte physikalische Veränderungen reagiert,
die Grundlage moderner Medientechnologien wie Fotografie, Mikrofonie und Radio darstellt. Die
medienwissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Operationalisierung empfindlicher Materie ermöglicht sodann
den größeren Zusammenhang dieses medialen Wandels hin zu den sensiblen Medien und der Angewiesenheit moderner
Wissensproduktion auf diese zu fassen.