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Paul Jacob Moersener (Bergische Universität Wuppertal):

Tiere vor der Kamera. Film als Forschungstechnologie in der Verhaltensbiologie der 1960er Jahre

„Tiere vor der Kamera“ – so heißt eine Dokumentarfilmreihe des Bayerischen Rundfunks aus dem Jahr 1977. Doch nicht nur im Fernsehen waren und sind Tiere nach wie vor ein beliebtes Motiv. Am Max-Planck-Institut für Verhaltensphysiologie in Seewiesen, das 1958 von den Biologen Erich von Holst und Konrad Lorenz ins Leben gerufen wurde, entstanden vor allem in den 1960er Jahren zahlreiche Filmaufnahmen, die der Erforschung tierlicher Bewegungs- und Verhaltensweisen dienen sollten. Nahezu alle Wissenschaftler:innen, die für Lorenz‘ Abteilung sowie deren Außenstelle in Wuppertal tätig waren, setzten Filme und Filmtechnik systematisch und methodisch reflektiert in ihren verhaltensbiologischen Studien ein. Film bedeutete für die Forschenden die Möglichkeit, ihre Beobachtungen im „Zeit-Bild“ (Deleuze) festzuhalten, um dieses wiederholt konsultieren zu können. Techniken der Zeitlupe und des Zeitraffers eröffneten epistemisches Potenzial während die 16mm-Schmalfilmrollen als „Bewegungskonserven“ (Wickler) gedacht und damit analog zu den klassischen Präparaten der Biologie gesehen wurden. Im Fokus des Vortrags steht zum einen die Studie des Zoologen Wolfgang Wicklers, der anhand von Filmaufnahmen das mimetische Verhalten einiger Fischarten erklärte. Zum anderen soll die Arbeit des österreichischen Zoologen Irenäus Eibl-Eibesfeldt betrachtet werden, dessen Forschungsfilme über den Beutefang bei Mauswieseln im Jahr 1961 eine wissenschaftliche Kontroverse auslösten. Anhand dieser Beispiele wird die Affinität einer zoologischen Spezialdisziplin zum Medium Film herausgestellt und der Beziehung der beiden Forscher zu ihren Wissensobjekten, den Tieren vor der Kamera, nachgegangen.