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/ Organisation: Alexa Geisthövel

(Un)Durchlässige Grenzen: Medizinischer Austausch während des Kalten Krieges

Wie überschritten Mediziner:innen während des Kalten Krieges Grenzen zwischen Staaten und politischen Blöcken, um mit Kolleg:innen in Nachbarländern oder in aller Welt zusammenzuarbeiten? Die Sektion widmet sich solchen transnationalen Dynamiken mit einem Fokus auf dem staatssozialistischen Europa. Die Metaphorik des „Eisernen Vorhangs“ – und damit die Vorstellung einer rigiden Trennung der Systeme – wird seit einiger Zeit durch das Konzept eines teilweise durchlässigen „Nylon Curtain“ (György Péteri) herausgefordert. Auch Medizin- und Wissenschaftshistoriker:innen haben in diesem Sinne den Austausch zwischen Ost und West untersucht und gefragt, wie Menschen, Daten, Wissen, Impfstoffe oder technisches Gerät in die eine oder die andere Richtung Blockgrenzen passierten. Hieran schließt die internationale ERC-Forschergruppe LEVIATHAN an, aus der die Beiträge der Sektion stammen.

Wir wollen anhand professioneller Interaktionen beschreiben, wie sich die (Un)Durchlässigkeit von Grenzen im Zeitalter der Blockkonfrontation auf medizinische Forschung und Behandlungspraxis auswirkten bzw. wie Akteur:innen aus dem Gesundheitswesen Grenzen „machten“. Wie durchlässig waren Grenzen zu verschiedenen Zeiten, in bestimmten politischen Konstellationen? Welche Barrieren gab es innerhalb des sozialistischen Blocks? Weichten Grenzüberschreitungen zwischen Ost und West die Blockgrenzen auf oder verfestigten sie diese?

Die vier Beiträge berichten aus der Bekämpfung von Geschlechtskrankheiten, der Aggressionsforschung, aus Herzchirurgie und Nierentransplantation; ihre Schauplätze wechseln zwischen Mittelost- und Westeuropa und den USA. Das Spektrum der Fallstudien vereinigt Mikro- und Makroebene: Es umfasst die Behandlung einer ostdeutschen Patientin und das professionelle Netzwerk eines tschechischen Pharmakologen, es beschäftigt sich aber auch mit den Aktivitäten größerer Organisationen, wie internationalen Fachgesellschaften, der WHO und Plattformen für den Austausch von Spenderorganen.