Die Bekämpfung sexuell übertragbarer Infektionen (STI) hat eine lange Historiographie. In den letzten Jahrzehnten wurden sowohl prophylaktische als auch therapeutische Maßnahmen im 19. und 20. Jahrhundert untersucht, jedoch konzentrierte sich die Forschung dabei auf die nationale Ebene: auf Expertendebatten, Public-Health-Maßnahmen, Gesetzgebung und Aufklärungskampagnen in einzelnen Ländern. Die Rolle internationaler Organisationen, wie der International Union against Venereal Diseases and Treponematoses (IUVDT) oder der Weltgesundheitsorganisation (WHO), blieben unterbelichtet. Der Vortrag versucht, diese Lücke zu schließen, indem er internationale und transnationale Aktivitäten auf diesem Feld vorstellt. Der Fokus wird auf einer einzelnen Methode im prophylaktischen Spektrum liegen, und zwar auf der Kontaktverfolgung, also der Suche nach der Infektionsquelle bzw. nach potentiell Infizierten. Ziel dieser epidemiologischen Methode ist es, möglichst alle Sexualpartner:innen einer infizierten Person aufzufinden und prophylaktisch mitzubehandeln. Diese alte Methode erfuhr in den 1960er und 1970er Jahren einen Aufschwung, nachdem sich die Begeisterung über Penicillin gelegt hatte und STI-Raten erneut hochschnellten. Auf welchen Wegen verbreitete sich die Idee einer erweiterten Kontaktverfolgung unter einzelnen Ärzten in Europa? Und wozu diente die Kartographierung von Sexualkontakten innerhalb einer Gemeinde?