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Jakub Střelec (Charité Universitätsmedizin Berlin):

Aggressives Verhalten im Labor. Die tschechoslowakische Pharmakologie und die internationale Aggressionsforschung in den 1970er und 1980er Jahren

In den 1970er und 1980er Jahren rückten Aggression und Gewalt nicht nur in der öffentlichen Diskussion, sondern auch in der Wissenschaft zunehmend in den Vordergrund. Ein allgemeiner Trend in der Aggressionsforschung führte dazu, dass soziologisch und psychologisch orientierte Ansätze immer stärker durch biologische Perspektiven ersetzt wurden. Vor diesem Hintergrund begannen sich Wissenschaftler:innen intensiver mit dem Gehirn zu befassen, insbesondere mit der Rolle von Neurotransmittern als potenzielle Auslöser aggressiven und gewalttätigen Verhaltens. Die aktuelle Historiographie beschreibt diese Entwicklung vor allem als Folge des technischen Fortschritts, der durch innovative Labormethoden in der westlichen Medizin ermöglicht wurde. Am Beispiel des tschechoslowakischen Arztes und Pharmakologen Miloslav Kršiak, der am Pharmakologischen Institut der Tschechoslowakischen Akademie der Wissenschaften Experimente zu aggressivem Verhalten bei Mäusen durchführte, möchte ich dieses Narrativ erweitern. Ich frage danach, inwiefern das wachsende Interesse an biologischen Studien zum Thema Aggression durch wissenschaftliche Kooperationen mit Kolleg:innen aus dem sozialistischen Block beeinflusst wurde. Gleichzeitig interessiert mich, wie diese transnationalen Interaktionen konkret aussahen: Welche Netzwerke konnten tschechoslowakische Pharmakologen knüpfen und welche Strategien mussten sie anwenden, um ins Ausland zu reisen?